Viele Passagiere verzichten auf ihr Anrecht auf Entschädigung, wenn ihr Flug eine Verspätung aufweist. Die Ursachen hierfür sind meist ähnlich gelagert und reichen von Unwissenheit bis hin zur Angst vor einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der betreffenden Fluggesellschaft. Dabei sind diese Fälle dank Fluggastrechteverordnung innerhalb der EU klar geregelt. Dennoch verzichten Österreicherinnen und Österreicher Jahr für Jahr auf Geld in Höhe von 72 Millionen Euro.
Die Fluggastrechteverordnung in Österreich
Innerhalb der EU gilt die Fluggastrechteverordnung – Verordnung (EG) Nr.261/2004. Diese regelt klar und eindeutig, wann und in welcher Höhe Fluggesellschaften Entschädigungen an deren Fluggäste zahlen müssen. Grundsätzlich sind davon folgende Flüge betroffen:
- Ein Flug, welcher von einem Flughafen innerhalb der EU aus startet
- Ein Flug, welcher innerhalb der EU landet, sofern die betreffende Airline ihren Hauptsitz innerhalb der EU hat
Die Höhe der Entschädigung
Aus dieser Fluggastrechteverordnung ergeben sich nun Ansprüche, die unter Einhaltung gewisser Voraussetzungen von den Flugreisenden im Falle einer Verspätung in Anspruch genommen werden können. Dabei richtet sich die Höhe der Zahlung nicht nach dem Ticketpreis, sondern nach der Flugdistanz. Entscheidend für eine Entschädigung ist hierbei die Verspätung am Zielflughafen und nicht die Flugverspätung am Startflughafen.
Mehr unter: https://www.flugverspaetungentschaedigung.at/
Wie viel Geld Airlines nun an Entschädigung zahlen müssen, ist folgendermaßen geregelt:
- 250 Euro bei einer Flugdistanz bis zu 1500 km
- 400 Euro bei einer Flugdistanz bis zu 3500 km
- 600 Euro bei einer Flugdistanz ab 3500 km und mehr
Recht auf Betreuungsleistungen
Neben den Entschädigungszahlungen haben von Verspätungen betroffene Fluggäste auch ein Recht auf Betreuungsleistungen am Startflughafen. Diese treten in Kraft, sobald eine der folgenden Situationen eintritt:
- Bei einer Flugdistanz bis zu 1500 km und einer Wartezeit von 2 Stunden
- Bei einer Flugdistanz bis zu 3500 km und einer Wartezeit von 3 Stunden
- Bei einer Flugdistanz ab 3500 km und einer Wartezeit von 4 Stunden
Unter die Betreuungsleistungen fallen etwa die Versorgung mit Essen und Trinken, die Kostenübernahme von Telefonaten (auch Emails), der freie Zugang zu Toiletten, sowie die Organisation und Kostenübernahme von notwendig gewordenen Übernachtungen.
Der Ticketkostenersatz
Ein weiterer Sonderfall tritt in Kraft, wenn Flüge eine Verspätung von über 5 Stunden aufweisen. Hier können die Passagiere einen Ticketkostenersatz anfordern und zudem frei entscheiden, ob sie einen späteren Ersatzflug in Anspruch nehmen möchten. Sollte beispielsweise Aufgrund der Verzögerung der Zweck der Reise obsolet geworden sein, können diese auch von der Reise, dem Flug, zurücktreten.
Außergewöhnliche Umstände
Natürlich kann es aber auch zu Situationen kommen, in denen die Airlines keine Verantwortung für eine eventuelle Flugverspätung tragen. Auch die Fluggesellschaften haben Rechte, welche sie von Ansprüchen der Flugreisenden freisprechen. Die 250 – 600 € müssen nicht bezahlt werden, wenn sogenannte „Außergewöhnliche Umstände“ eintreten. Diese sind sehr genau definiert:
- Vogelschlag
- Streiks
- Schlechtes Wetter
- Blitzschlag
- Flughafensperren
- Versteckte Herstellerfehler
Mehr auch unter: https://www.diekmann-rechtsanwaelte.de/taetigkeitsgebiete/fluggastrecht/aussergewoehnliche-umstaende/
Vor allem der letzte Punkt in dieser Liste, die versteckten Herstellerfehler, sind problematisch. Die Fluggesellschaften berufen sich häufig auf genau diesen Punkt und geben als Grund für Verspätungen und Flugabsagen meist technische Probleme an. Allerdings ist ein Großteil aller technischen Probleme kein außergewöhnlicher Umstand, sondern eine Situation, welche durch entsprechende Maßnahmen der jeweiligen Fluggesellschaft hätte verhindert werden können.
Auf Rechte beharren
Leider ist es Gang und Gäbe, dass die Fluggesellschaften den Forderungen der Fluggäste nicht nachkommen. Anträge werden erst nach langer Zeit beantwortet, in manchen Fällen werden diese auch schlicht weg ignoriert, und häufig pauschal abgelehnt. Die Betroffenen stehen nun vor der Situation, in einen Rechtsstreit mit einer Airline gehen zu müssen. Aus Angst vor enormen Kosten, verzichten so auch viele Österreicher auf ihr Recht auf Entschädigung. Hinzu kommt erschwerend, dass Fluggesellschaften ihre Kunden bezüglich ihrer Ansprüche kaum aufklären und diesen entscheidende Informationen vorenthalten – 9 von 10 Personen wissen nicht, dass sie einen Entschädigungsanspruch wahrnehmen könnten.